2.2.5   Ausstellungs - und Lehrtätigkeit


Liane Zimbler beschränkte sich nicht auf die praktische Tätigkeit einer Architektin. Parallel zu ihren planerischen Aktivitäten übernahm sie die Leitung wichtiger Ausstellungen und nahm gleichzeitig mit Entwürfen an ihnen teil. Außerdem hielt sie Vorträge im In- und Ausland und war in der Lehre tätig.

Zimbler war Mitglied in der Vereinigung „Wiener Frauenkunst“. Diese Vereinigung war 1926 von Fanny Harlfinger als Gegengewicht zur konservativen „Vereinigung bildender Künstlerinnen“ und Nachfolgerin der „Freien Vereinigung“ gegründet worden.[1] Ihre Mitglieder waren neben ehemaligen Angehörigen der „Freien Vereinigung“ auch Künstlerinnen der Wiener Werkstätte. Wie alle von Frauen ins Leben gerufenen Versuche, sich ein eigenes Arbeits- und/oder Ausstellungsforum zu schaffen, musste auch die „Wiener Frauenkunst“ Skepsis und verkrusteten Vorstellungen bei Kritik und Publikum begegnen. Den einen waren die Exponate zu modern, sie vermissten das Gefällig-Weibliche. Die anderen, die die Modernität anerkannten, witterten Konkurrenz auf dem ohnehin nicht florierenden Kunstmarkt.

Bei der Ausstellung „Das Bild im Raum“ (1929) waren auch architektonische Elemente Teil des Konzepts. Der gestaltete Raum als Bild sowie die organische Verbindung zwischen beidem waren das Thema. Damit wurden auf Ausstellungsebene erstmals Raumvorstellungen von Künstlerinnen gezeigt, die sich bei der Gelegenheit dem Gebiet der Innenarchitektur zuwandten. Diese Ausstellung wurde von der Kritik und der Öffentlichkeit positiv aufgenommen.

Zeitgleich mit dem Internationalen Frauenkongress fand in Wien 1930 eine weitere Ausstellung statt mit dem Titel „Wie sieht die Frau?“. Auch der Ort, die Hofburg, war nicht zufällig gewählt. Dort trafen die Delegierten aus 41 Ländern zusammen. Die Frage der Ausstellung nach geschlechtsgebundenen Vorstellungen von Ästhetik und - sehr aktuell - der Stellung der Frau in der Kunst ergänzte sich mit dem Programm des Kongresses. Vor dem internationalen Hintergrund waren die Gesuche um finanzielle Förderung diesmal erfolgreicher.

Liane Zimbler war durch ihre Mitgliedschaft im „Verband berufstätiger Frauen in Österreich“, im „Wiener Soroptimist-Club“ und als leitende Ausstatterin der Ausstellung „Wie sieht die Frau?“ gleichsam politisch und künstlerisch involviert. Die „Vereinigung berufstätiger Frauen in Österreich“ geht auf das englische Vorbild „Federation of Business and Professional Women“ zurück, deren Gründungsmitglied Liane Zimbler 1930 ebenfalls war. Es fanden regelmäßige Ausstellungen und 1931 ein internationaler Kongress in Wien statt. Der Soroptimist-Club war das weibliche Pendant zum Rotary Club mit dem Ziel, die Berufstätigkeit bei Frauen und deren Zusammenarbeit zu fördern. Ihm gehörten überwiegend jüdische Frauen an. Die österreichische Gruppe des Clubs musste ihre Tätigkeit 1938 einstellen.[2]

Zimblers Beiträge zur Ausstellung “Wie sieht die Frau?“ bestanden in einem Garten, einem Ruheraum und einem Gesellschaftsraum (Abb. 1). Die Reaktionen waren ambivalent. Neben Stimmen, die sich positiv äußerten, zeigten konservative Kritiker sich durch die Thematisierung funktionaler und raumästhetischer Fragen irritiert. Ihrem Verständnis nach waren vor allem erstere eine „Männeraufgabe“. Befürworter sahen die Gelegenheit, mit überkommenen Vorstellungen von „weiblicher Ästhetik“ zu brechen.

1933 organisierte die „Wiener Frauenkunst“ eine weitere programmatische Ausstellung: „Die schöne Wand“. Die Leitung lag wiederum bei Liane Zimbler. Ihr eigener Beitrag war die Gestaltung einer Wand für eine Kunsthandlung, wobei große Teile dieser Wand geöffnet waren und zum Regal für Skulpturen wurden. Marie Strauß-Likarz zeigte einen Modesalon. Hertha Bucher, eine weitere Mitarbeiterin Zimblers, war ebenfalls vertreten (Abb. 2). Bei der letzten Ausstellung im Mai 1938 waren keine jüdischen Künstlerinnen mehr unter den Beteiligten. Im August desselben Jahres wurde die „Wiener Frauenkunst“ aufgelöst.

Auch durch ihre Lehr- und Vortragstätigkeit zeigte Liane Zimbler gesellschaftliches Engagement (Abb. 3). In einem englischsprachigen Lebenslauf schreibt sie 1978:

 

„I lectured widely in Vienna and abroad and also conducted classes at the Vienna `Volkshochschule´ (adult education).”

 

Mit „abroad” ist unter anderem Paris gemeint. Eine Zeitungsnotiz vom 6.03.1936 berichtet von einem Vortrag Liane Zimblers im Soroptimist-Club über ihre Studienreise dorthin.[3] Sie stellt fest, dass Frankreichs Architektur sich im Gegensatz zu den 20er Jahren von seiner Vergangenheit gelöst habe. An Neubauten findet sie keine Stilmerkmale vergangener Epochen mehr, sondern Flachdächer und Terrassen. Die Einrichtung der Geschäfte und Restaurants sei modernisiert. Im privaten Bereich und dort speziell in den Wohnungen des Mittelstandes sieht sie dagegen dringenden Nachholbedarf, die Wohnung als Gesamtorganismus zu betrachten. Im Vergleich zum mitteleuropäischen Wohnhaus spiele die zweckmäßige Organisation besonders der Küchen und Wirtschaftsräume noch keine Rolle. Über den nach österreichischem Maßstab verschwenderischen Einsatz von künstlicher Beleuchtung äußert sie sich positiv. Strom sei preiswerter und somit könne Licht als entwerferisches Mittel großzügiger eingesetzt werden. Allgemein stellt sie trotz der verschiedenen Richtungen des modernen Bauens in Frankreich „unverkennbar nationale Züge“ fest, die sie aber nicht näher erläutert. Auch in Österreich wurde Zimbler wiederholt als Referentin eingeladen. Die „Vaterländische Front“ bedankte sich 1937 für einen Vortrag Liane Zimblers für Hausfrauen zum Thema „Hygiene in der Wohnung“, eine Rahmenveranstaltung zur Hygiene-Ausstellung. Es unterzeichnete die Bundesleiterin des Frauenreferats mit „Front Heil! Treu Oesterreich!“.

Einem ebenfalls englischsprachigen Lebenslauf von 1973 ist zu entnehmen, dass Zimbler an Handelsschulen unterrichtet hat. Vorträge im In- und Ausland sowie Tagungen wie die des Frauenkongresses waren neben Veröffentlichungen in verschiedensprachigen Zeitschriften Möglichkeiten des internationalen Austauschs von Erfahrungen und Neuerungen. Deshalb kann man bis zu einem gewissen Grad von gegenseitiger Einflussnahme der Architekten ausgehen, was sich auf die landeseigene Architektur- und Gestaltungssprache auswirkte. Anlehnungen an die Entwicklung von Küchen in den USA zum Beispiel sind deutlich. Von dortigen Forschungen zum Bewegungsablauf und daraus resultierenden Einsparungen im häuslichen Bereich wurde in der Presse berichtet.[4]

Eine Mischung aus Vortrag und Ausstellung stellten Wohnungsführungen dar, die anlässlich des Frauenkongresses angeboten wurden. Damit wurde Adolf Loos´ Idee der „Wohnungswanderungen“ aufgegriffen, die dieser 1907 initiiert hatte. Das Programm von 1930 war umfangreich: Neben Wohnungen von Loos, wurden auch Beispiele von Josef Frank, Josef Hoffmann, Ernst Lichtblau, Felix Augenfeld[5], Oskar Wlach, Ernst Plischke und anderen gezeigt. Außerdem konnte man Wohnungen der Architektinnen Helene Roth, Leonie Pilewski, Christa Deutike-Szabo, Käthe Böhm und natürlich Liane Zimbler sowie ein Werk der Gartenarchitektin Anna Plischke-Lang besichtigen. Diese Führungen stießen auf so positive Resonanz, dass sie bis 1937 fast wöchentlich stattfanden. Dass ein so großes Interesse herrschte, kann man als Zeichen für die zunehmende Akzeptanz moderner Wohnformen und Lebensführung deuten.

 

Abbildungen Kapitel 2.2.5

 

Abb. 1:           Ausstellung „Wie sieht die Frau?“ 1930: Gesellschaftsraum

Quelle: privat S. Plakolm-Forsthuber

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Abb. 2:           Ausstellung „Die schöne Wand“ 1933: Wandgestaltung Kunsthandlung

Quelle: privat S. Plakolm-Forsthuber

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Abb. 3:           L. Zimbler 1931,

Quelle: privat S. Plakolm-Forsthuber

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[1] Anfang des 20. Jahrhunderts hatten sich die ersten Künstlerinnenverbände organisiert, da ohne eine Mitgliedschaft in einer solchen Vereinigung keine Ausstellungsbeteiligung möglich war, ohne diese kein Verkauf und dementsprechend kein Einkommen. Wie auch die Ausbildungsstätten, nahmen die etablierten Künstlervereinigungen lange keine Frauen auf. Der Hagenbund entschloss sich erst 1925 „außerordentliche Mitgliedschaften“ an Künstlerinnen zu vergeben Die Sezession verhielt sich ebenso zögerlich.

[2] Diese Informationen stammen aus dem Katalogbeitrag „Ein Leben, zwei Karrieren“ von S. Plakolm-Forsthuber. Einem Informationsblatt des Soroptimist-Clubs ist zu entnehmen, dass sich der Name vom lateinischen „sorores ad optimum“ ableitet, was als „Frauen, die das Beste wollen“ interpretiert wird. Der internationale Club existiert noch heute.

[3] Eine handschriftlich hinzugefügte Bemerkung könnte „Wiener Zeitung“ bedeuten, ist aber nicht eindeutig lesbar.

[4] In „Die praktische Küche“ in „Der neuzeitliche Haushalt“, Teil des „Wiener Tageblatts“, vom 1. 02. 1933, S. 13) wird von den Experimenten der amerikanischen Betriebsingenieurin Lilian Gilbreth zu diesem Thema berichtet. Ziel war die Einrichtung der optimalen Küche.

[5] E. Augenfeld (1893 – 1984) flüchtete über London ins amerikanische Exil und kam 1939 nach New York. Er war hauptsächlich für andere Wiener Emigranten als Innenarchitekt tätig; er kehrte nicht mehr nach Österreich zurück.




 
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