3.3.4   Büros, Ausstellungen, Vorträge


Auch in den USA dehnte Liane Zimbler ihr Tätigkeitsfeld aus und beteiligte sich an Ausstellungen. Sie war außerdem als Dozentin tätig. Neben ihrer Hauptbeschäftigung - der Innenraumgestaltung privater Wohnhäuser - richtete sie wieder Büros, Läden und Praxisräume ein. Ein Beispiel ist das Büro des Immobilienmaklers Eliot Evans. Die Rezeption wirkt klar und übersichtlich durch den Einbau und die Verwendung schlichter moderner Möbel. Den Eindruck von Strenge oder Unterkühltheit hat man jedoch nicht, da Zimbler mit extravagant gemusterten Tapeten grafische und farbliche Akzente setzt (Abb. 4).

Aus der Beschreibung einer Büroeinrichtung für eine fiktive Klientin geht hervor, welche grundsätzlichen Gedanken Zimbler bei der Realisierung solcher Projekte verfolgte.[1] Zwei Aspekte stellt sie an den Anfang ihrer Überlegungen: Erstens seien Büros für Publikumsverkehr nur auf männliche Bedürfnisse zugeschnitten, während zunehmend auch Frauen in leitende Positionen der Geschäftswelt gelangten. Zweitens werde aus Gründen der Repräsentation verschwenderisch mit Platz umgegangen. Überproportionierte Tresen hält Zimbler für unnötig. Ein großer Warteraum werde bei genauer Terminplanung überflüssig. Zimbler lässt Sekretariat und Wartebereich ineinander übergehen, indem sie eine geschwungene Wand mit Sichtöffnungen als Raumteiler verwendet. Das Hauptbüro enthält einen großzügigen Schreibtisch, einen Besprechungstisch und eine Bar. Außerdem sieht Zimbler ein Sofa für notwendige Ruhepausen vor. Um für Präsentationszwecke ausgerüstet zu sein, wird eine Wand als Projektionsfläche für Dias und Filme frei gelassen. Für die Kaffeepausen richtet sie einen Rückzugsraum ein. Wie bei Wohnungseinrichtungen unterstreicht sie die Wichtigkeit, die Persönlichkeit der künftigen Inhaberin in die Gestaltung einfließen zu lassen.

Wie in Wien war Liane Zimbler sehr offen für sich verändernde Formen, Muster und Farbzusammenstellungen. Insgesamt setzte sie in den USA stärker Farbe ein als während der Wiener Phase. Sie experimentierte begeistert mit neuen Materialien, wie zum Beispiel Plastik, das in den 50er und 60er Jahren in verschiedenen Formen entwickelt wurde:

 

„There is no limit to fresh ideas for updating obsolete designs.“ [2]

 

Für eine Ausstellung des American Institute of Decorators (AID) mit dem Titel „The Washable Living-Room“ (1961) treibt Liane Zimbler den durch die Kunststoffindustrie beeinflussten Zeitgeist auf die Spitze.[3] Der Raum, den sie vorschlägt, besteht zum größten Teil aus Plastik (Abb. 5). Der Boden und ein Teil der Wände sind mit Korkplatten verkleidet, die wiederum mit einer Vinylschicht beklebt sind. Die Kritik attestiert hier Attraktivität und gleichzeitig die gute Möglichkeit der Isolierung. Ein eingebauter Sitz besteht aus einem Kunststoff, der die Oberflächenbeschaffenheit von Alabaster nachahmt. Dasselbe Material wird für Blenden vor den Fenstern verwendet, was sich laut Beschreibung positiv auf die Filterung des Lichts auswirkt. Der Boden einer Snackbar und der dazugehörige Tresen sind mit mosaikartigem Vinyl in Avokadogrün mit roten und weißen Linien belegt. Die Barhocker haben einen schwarzen Vinylbezug. Außerdem wird durch die Kunststoffbezüge einer Ottomane und eines Sessels der Eindruck von gewebtem Material erweckt, während ein roter Plastikbaldachin wie Seide wirkt.

Komplette Zimmereinrichtungen waren auch schon Gegenstand der Ausstellung „Metropolitan Living – 1954“, organisiert vom AID. Im ersten Stock der „Parklabrea Towers“ wurden acht Apartments im Maßstab 1:1 aufgebaut. Der Ort war nicht zufällig gewählt: Bei dem Gebäude handelte es sich um einen (erdbebensicheren) Wohnturm, der kurz zuvor mit dem erklärten Ziel, die Vorstadtbildung voranzutreiben, entstanden war. Er sollte Teil einer Siedlung werden. Die Ausstellung zeigte nicht nur Beispiele der aktuellen Einrichtungstendenzen, sondern war gleichzeitig eine Werbeveranstaltung für diejenigen, „who have not yet succumed to suburbanism“.[4] Alle Beiträge spiegelten die vielfältigen Geschmacksrichtungen der Zeit wider: Einrichtungen im „Louis-Seize-Stil“ oder Möbel mit chinesischen Motiven konnte man ebenso besichtigen wie solche, die fernöstlichen oder mexikanischen Einfluss verarbeiteten. Es ging darum zu zeigen, wie individuell Wohnraum gestaltet werden könne. Interessenten bekamen einen Überblick über das „Angebot“ in diesem Apartmenthaus. Liane Zimbler entwarf im Gegensatz zu den großzügigen Wohnungen der anderen 16 Teilnehmer ein Apartment für eine kleine Familie mit schmaler Haushaltskasse. Möbel der „French-Provincial”-Mode dominierten.[5] Außerdem gestaltete sie den Eingangsbereich und eine Galerie der Ausstellungsräumlichkeiten. Die Resonanz auf die Ausstellung war gut. Den beteiligten Mitgliedern des AID wurden große fachliche Kompetenz und die Bereitschaft, für Projekte der öffentlichen Versorgung zu arbeiten, ausgesprochen.[6] Die Erläuterungen, die die Gestalter selbst zu ihren Beispielen im Rahmen der Besichtigung gaben, wurden ebenfalls hervorgehoben.

In den USA war das Interesse daran, was Interior Designer aus Räumen machten, groß. Wegen des durchschnittlich höheren Lebensstandards dürften hier weitere Kreise als in den kriegsgeschädigten europäischen Ländern die Gelegenheit gehabt haben, ihre Arbeit kennen zu lernen und in Anspruch zu nehmen. Der Beruf des Innenarchitekten wurde aufgewertet, was sich auch in der Änderung der Bezeichnung spiegelt: Aus „decorator“ wurde „designer“. Wohnungswanderungen zur Besichtigung modellhafter Einrichtungsbeispiele waren neben Ausstellungen ein Mittel, diesem Interesse entgegen zu kommen oder es zu wecken. Termine und Orte wurden in der Presse bekannt gegeben. Ob diese Tradition auf die Initiative Liane Zimblers und anderen Emigranten in den USA zurückging, ist nicht eindeutig zu beantworten. Sie war jedenfalls weiterhin eine Anhängerin solcher Veranstaltungen.

Aus einem biographischen Résumée und Äußerungen Eva Huebschers geht hervor, dass Liane Zimbler an verschiedenen Schulen unterrichtete.[7] Sie hielt auch Vorlesungen und leitete Seminare für Studenten. Als Mitglied des AID saß sie in Komitees für Finanzierungsmodelle, Ausstellungskonzepte und Lehrinhalte. Außerdem wurde sie zu Vorträgen des AID und ähnlichen Institutionen eingeladen. Beispielsweise informierte eine kalifornische Zeitung am 6. März 1956 über einem Vortrag mit dem Thema „Your Home: Frustration or Stimulation“ im „Encino Women´s Club“. Dort sprach „Miss“ Zimbler über die soziologischen und psychologischen Hintergründe des Wohnens und die Wichtigkeit, sein Zuhause gut zu organisieren. Vorträge wie dieser dienten Liane Zimbler dazu, ihre Theorie der Verbindung von Funktionalität und Ästhetik, die hinter ihrer praktischen Entwurfstätigkeit stand, zu vermitteln.

 

 

Abbildungen Kapitel 3.3.4

 

Abb. 4:           Büro Evans 1948,

Quelle: „Visionäre & Vertriebene”, S. 305

Foto vergrössern!

 

Abb. 5:           The Washable Living 1961,

Quelle: privat S. Plakolm-Forsthuber

Foto vergrössern!


[1] Ob es sich um den modellhaften Entwurf, eventuell im Rahmen einer Ausstellung, handelte, geht aus der Beschreibung nicht hervor. Da im Kopf der Name Eva Zimbler auftaucht, kann der Text frühestens Anfang der 60er Jahre enstanden sein.

[2] Zitat L. Zimblers im Artikel „Designer Conquers Inner Space Problem“ von Ellen Shulte, „Los Angeles Times“, 28.06.1964

[3] Dabei behauptete sie, weitere Steigerungsmöglichkeiten im Hinterkopf zu haben, die sie bei einer Gelegenheit einsetzen werde, bei der weniger Einschränkungen herrschten als in der Ausstellungssituation. Da die Ausstellung auch zur Darstellung der Firmen und ihren neusten Entwicklungen diente, gab es aus deren Perspektive vielleicht Bedenken, potentielle Kunden durch zu ausgeprägte Extravaganz zu irritieren.

[4] Aus “Interiors”, Nummer 2, S. 14, Juni 1954

[5] Ob diese Möblierung ein Zugeständnis Liane Zimblers an eventuelle Vorgaben der Veranstalter war, geht aus dem Artikel nicht hervor.

[6] Die „Parklabrea Towers“ sind ein Beispiel für nicht vom Staat geförderte öffentliche Vorhaben auf Wohltätigkeitsbasis. Besitzerin war die „Metropolitan Life Insurance Company“.

[7] Siehe „Resume, Liane Zimbler“, 9.06.1978. Daran, in welchen Schulen L. Zimbler unterrichtet hat, kann sich E. Huebscher nicht mehr erinnern.




 
Text als ZIP Datei herunterladen
Grösse 56 KB
 
Fotodownload in Kapitel 3.3.5
 
zurück zum Inhaltsverzeichnis
 
zum nächsten Kapitel